„Zeit für Helden“ beim Kosovo-Austausch des FLG

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Der elfte Schüleraustausch des Friedrich-List-Gymnasiums mit dem Loyola-Gymnasium im Kosovo stand unter dem Motto „Zeit für Helden“. Beim Rückbesuch der kosovarischen Austauschpartner in Gemünden vollbrachten 38 deutsche und kosovarische Schüler gute Taten in der ganzen Region – und konnten beim Projektabschluss nun stolz davon berichten.

Bereits der einwöchige Besuch der deutschen Schülerinnen und Schüler im Kosovo stand ganz im Zeichen des Projekt-Mottos, wobei sich die Reisenden unter anderem mit ihren eigenen Helden auseinandersetzten und diese einander vorstellten. Unter den Vorbildern der Teenager beider Länder, zu denen größtenteils sozial oder gesellschaftlich engagierte Sportler, Popstars und Politiker sowie Familienmitglieder zählten, befanden sich zwölf Frauen und 26 Männer, wobei das Durchschnittsalter rund 40 Jahre betrug.

Im nun durchgeführten zweiten Teil des Austauschs, bei dem die kosovarischen Teilnehmer bei ihren 19 deutschen Austauschpartnern untergebracht waren, wurden die Jugendlichen selbst zu (Alltags-)Helden: Die Schüler des FLG nahmen ihre Gäste aus dem Balkan mit zur freiwilligen Feuerwehr oder in die Wasserwacht, sie halfen gemeinsam in der Jugendarbeit, in einer Imkerei oder auch im Seniorenzentrum. Manch einer verbrachte einen ausgedehnten Spiele-Nachmittag mit der eigenen Uroma, half bei der Gartenarbeit oder pflanzte einen neuen Baum – jede gute Tat zählte und wurde auf Bildern dokumentiert. Im Rahmen des Projekt-Abschlussabends am FLG stellten die Schülerinnen und Schüler ihre Heldentaten in der Aula vor und wurden danach vom Elternbeirat auf dem Pausenhof köstlich bewirtet.

Am darauffolgenden Abreisetag konnte sich auch Susanne Reuber von der Freiwilligen-Agentur Main-Spessart ein Bild vom Einsatz der Jugendlichen machen. Sie lobte die Teilnehmenden für ihren Einsatz in der Region und stellte selbst das Projekt „Engagierte Menschen im Landkreis“ (EMiL) vor, an dem auch drei Schülerinnen und Schüler des FLG im Rahmen eines freiwilligen sozialen Schuljahrs mitwirken: Leni Wuketich (Engagement im Seniorenzentrum Gemünden), Nicola Seewald (Wasserwacht Frammersbach) und Mika Bäcker (Pfarramt Mittelsinn) hoben die positiven Erfahrungen im Ehrenamt hervor und gaben allesamt an, dass sie sich auch längerfristig freiwillig in der Gesellschaft engagieren wollen. Mit einem großen Applaus wurden die drei belohnt und Frau Reuber verabschiedet, womit auch der elfte Kosovo-Austausch des FLG beschlossen wurde – ein Austausch, der dank großer und kleiner Heldentaten nicht nur am FLG und am Loyola-Gymnasium in der kosovarischen Stadt Prizren, sondern auch bei vielen anderen Menschen im Landkreis gut in Erinnerung bleiben wird.

Text: Julius Mayer

 

FLG veranstaltet elften Schüleraustausch mit dem Kosovo

„Willkommen“ ist das schönste deutsche Wort, das einem bei der Ankunft in einem neuen Land zu Ohren oder Augen kommen kann. Umso mehr freuten sich die Schülerinnen und Schüler des Friedrich-List-Gymnasiums, als ihnen dieses Wort auf bunten Plakaten entgegenleuchtete – und zwar am Flughafen der kosovarischen Hauptstadt Pristina, hochgehalten von ihren Austauschpartnern.

Bereits zum elften Mal führt das FLG einen Schüleraustausch mit dem Loyola-Gymnasium in Prizren (Kosovo) durch. Für den ersten Teil des diesjährigen Austauschs reisten 17 Schülerinnen und Schüler mit drei Lehrkräften für eine Woche in den Balkanstaat und tauchten in Gastfamilien in die vielseitige Kultur des Landes ein. Bei Unterrichtsbesuchen erfuhren die Schüler dabei, dass z.B. die Mathematik keinen Unterschied zwischen Deutsch und Albanisch – der Landessprache des Kosovo – macht.

Fernab des Unterrichts stand derweil vor allem das „Fach“ Deutsch auf dem Programm: Die Neuntklässler aus Gemünden verständigten sich mit ihren kosovarischen Austauschpartnern nämlich zumeist auf Deutsch, weil die Sprache im Kosovo und vor allem am Loyola-Gymnasium eine große Rolle spielt. Gute Fremdsprachenkenntnisse sind hier immer auch mit der Hoffnung verbunden, später einmal im Ausland Karriere machen zu können.

Auswanderung als Fluch und Segen für das Land

Die Problematik, dass die Hoffnung der jüngeren Generation auf ein besseres Leben oftmals nicht im Kosovo verortet ist, hat Regisseur Samir Karahoda in zwei Kurzfilmen verarbeitet. Nach der Vorstellung dieser preisgekrönten Filme in einem Dokumentar-Kino hatten die Teilnehmenden die Chance, mit dem mehrfach ausgezeichneten Filmemacher selbst ins Gespräch zu kommen. Dabei stellte sich heraus, dass der Gang ins Ausland vieler hochqualifizierter Menschen für den Kosovo Fluch und Segen zugleich ist: Auf der einen Seite winkt vielen Menschen wirtschaftliche Unterstützung durch ihre ausgewanderten Familienmitglieder – auf der anderen Seite verwaisen unzählige Häuser, die einst in der Hoffnung errichtet worden waren, dass die verlorenen Söhne und Töchter eines Tages auch im eigenen Land eine bessere berufliche Perspektive finden können.

Besonders betrübend sind diese Beobachtungen, wenn man sieht, wie viel das Land eigentlich zu bieten hat – genauso wie die Schülerinnen und Schüler des Loyola-Gymnasiums: Am großen „Tag der offenen Tür“, mit dem das 18-jährige Bestehen der Schule gefeiert wurde, begeisterten Schüler aller Jahrgangsstufen die zahlreich geladenen Gäste aus dem Bildungswesen, der Wirtschaft und der Politik mit einem eindrucksvollen Programm, in welchem traditionelle und moderne Künste miteinander verwoben wurden.

Holzofen statt Heizung: Natur-Erlebnis in der Rugova-Schlucht

Zum Abschluss der Woche begab sich die deutsch-kosovarische Reisegruppe in die Rugova-Schlucht, die mit atemberaubenden Schluchten und Wasserfällen aufwartete. Nach einer Wanderung durch die Natur übernachteten die Teilnehmer in Berghütten, die mit kleinen Holzöfen selbst beheizt werden mussten: eine Erfahrung der besonderen Art für die Jugendlichen beider Länder, die den Zusammenhalt in der Reisegruppe noch weiter stärkte.

Das Feedback aller Beteiligten fiel am Ende äußerst positiv aus – nach drei Jahren der coronabedingten Pause des Kosovo-Programms war allen Teilnehmern die Lust am interkulturellen Austausch anzumerken. Auch die Vorfreude auf den einwöchigen Rückbesuch der Kosovaren in Gemünden, der Mitte Juni stattfinden wird, ist auf beiden Seiten bereits groß.

„Zeit für Helden“ als Motto des diesjährigen Kosovo-Austauschs

Das Motto des diesjährigen Kosovo-Austauschs am FLG lautet „Zeit für Helden“. Bereits die Zeit im Kosovo stand ganz im Zeichen dieses Themas, wobei die Reisenden unterwegs  vielfältige Persönlichkeiten nach ihren persönlichen Helden befragten: von der Schuldirektorin des Loyola-Gymnasiums (Jesus) über den Priester in einer orthodoxen Kirche (Vater) bis hin zum Museumsführer (Uni-Professor).

Auch die Schülerinnen und Schüler setzten sich mit ihren eigenen Helden auseinander und stellten diese einander im Rahmen einer Abschlussveranstaltung vor. Unter den Helden der Teenager beider Länder, zu denen größtenteils sozial oder gesellschaftlich engagierte Sportler, Popstars und Politiker sowie Familienmitglieder zählten, befanden sich zwölf Frauen und 26 Männer, wobei das Durchschnittsalter rund 40 Jahre betrug. Im zweiten Teil des Austauschs Mitte Juni, bei dem die kosovarischen Teilnehmer dann bei ihren deutschen Austauschpartnern untergebracht sein werden, sollen die Schüler schließlich selbst zu (Alltags-)Helden werden: Egal, ob es der Einkauf für die ältere Nachbarin ist, das Pflanzen eines Baumes oder der Besuch einer freiwilligen Feuerwehr – jede gute Tat zählt!

Stimmen aus dem Kosovo:

Am Ende des einwöchigen Schüleraustauschs zwischen dem FLG und dem Loyola-Gymnasium waren die deutschen und kosovarischen Teilnehmer voller Eindrücke. Einige von ihnen berichten hier über ihre Gedanken und Erlebnisse:

Felix Meyer: „Ich hatte vorher ehrlich gesagt gedacht, dass es im Kosovo aussieht wie in Filmen über die dritte Welt. Das war aber gar nicht so, es sieht hier teilweise besser aus als in Deutschland. Die Landschaft ist herrlich, vor allem die größeren Städte sind sehr modern und es gibt sogar größere Einkaufszentren als bei uns in der Umgebung. Das Essen hier habe ich wirklich geliebt: die einheimischen Gewürze, das frische Gemüse, das saftige Fleisch überall – mir hat einfach alles geschmeckt.“

Leni Wuketich: „Mein persönliches Highlight war der Tag der offenen Tür, wobei mir vor allem die traditionellen Tänze gefallen haben. Ich war mit meiner Austauschpartnerin zwar schon zu Gast bei der Tanz-AG und habe vorab Teile der Choreographie gesehen, beim Auftritt selbst war das mit den Gewändern aber nochmal authentischer und etwas ganz Besonderes. Die Menschen hier sind total herzlich und gastfreundlich. Gewundert habe ich mich nur etwas über den Umgang mit dem Thema Pünktlichkeit: Oft hat man das Haus auf den letzten Drücker oder viel zu spät verlassen – das war aber meistens nicht schlimm, weil der Schulbus zum Beispiel auch immer zu spät gekommen ist (lacht).“

Elisabeth Althaus: „Mein Highlight war eine albanische Familienfeier, zu der ich von meiner Austauschpartnerin eingeladen wurde: Die Feier war für ein Baby und es waren rund 60 Gäste da, alle haben zusammen getanzt und die Stimmung war super. Interessant fand ich, dass die Mutter im Laufe des Abends vier verschiedene Kleider angezogen hat – das habe ich so auch noch nicht gesehen. Am letzten Abend haben meine Austauschpartnerin und ich dick Lippenstift aufgetragen, nebeneinander zwei Kussmünder auf ein Gemälde gedrückt und gemeinsam darunter unterschrieben. Das war eine sehr schöne Idee. Sie darf das erste Bild behalten und in Deutschland machen wir dann noch eins für mich.“

Mika Bäcker: „Das Essen hier war total lecker, wir bräuchten wirklich mal ein kosovarisches Restaurant in Gemünden (lacht). Ich hatte mir die Städte und Häuser nicht so modern vorgestellt, da war ich wirklich überrascht. Die Verkehrsführung zum Beispiel ist aber schon eine andere als in Deutschland: Da muss man wirklich doppelt aufpassen, wenn man über die Straße geht.“

Olti Trolli: „Ich fand den Besuch der Kathedrale in Pristina besonders beeindruckend, der Ausblick auf dem Kirchturm über die Stadt war sehr schön. Als Muslim war ich vorher noch nicht oft in Kirchen, deshalb ist das für mich besonders spannend. Ich freue mich in Deutschland vor allem darauf, historische Gebäude, Denkmäler und Museen zu besichtigen, um die Geschichte des Landes besser kennenzulernen.“

Natyre Mucay: „Für mich war die Nacht in der Rugova-Schlucht ein ganz besonderes Erlebnis. Es war spannend, weil wir uns in den Holzhütten selbst um das Feuer kümmern mussten, um in der Nacht nicht zu frieren. Mit meiner Austauschpartnerin war ich unter anderem in einer großen Spielhalle, wir haben Karaoke gesungen und gemeinsam getanzt. Ich habe ihr Grundschritte unserer traditionellen Tänze beigebracht, da können wir dann mit den anderen Austauschschülern in Deutschland weitermachen.“

Jona Braha: „Mein Höhepunkt des Programms war der Besuch in der Adem-Jashari-Gedenkstätte, weil sie mich an unsere Vergangenheit erinnert hat. Das war nicht leicht, ich hatte aber auch Gänsehaut und habe Stolz empfunden, dass so tapfer für unsere Unabhängigkeit gekämpft worden ist. Ich habe versucht, meiner Austauschpartnerin viele schöne Plätze im Kosovo zu zeigen. Ich freue mich auch auf die Natur und die Landschaften in Deutschland, ich war noch nie dort.“

Lis Hoti: „Ich hatte viele gemeinsame Interessen mit meinem Austauschpartner. Wir haben zum Beispiel Video-Spiele gespielt und viel über Fußball gesprochen – mein Lieblingsteam ist Real Madrid, er ist Borussia-Dortmund-Fan. Einmal haben wir sogar ein eigenes Fußballspiel veranstaltet. Ich hoffe, dass wir das auch in Gemünden machen können – ich freue mich schon darauf, die Stadt und ihre Umgebung zu erkunden.“